75 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz gedenkt die Welt am 27. Jänner 2020 der Opfer des Holocausts. Lesen Sie anlässlich dieses Gedenktages einen Bericht, den ich vor fünfundzwanzig Jahren – im Juli 1995 – nach einem Besuch im KZ Auschwitz verfasst habe
Auschwitz – 50 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges
Zweihundert Kärntner Schüler, unter ihnen auch eine große Abordnung des BORG Wolfsberg, begaben sich gemeinsam mit ihren Lehrern in den letzten Wochen des Schuljahres 1994/95 nach Polen, wo sie in Auschwitz das größte Konzentrations- und Vernichtungslager des NS-Regimes besichtigten. Bei der gemeinsamen Gedenkfeier im KZ Auschwitz-Birkenau drückte Landeshauptmann Dr. Christof Zernatto namens der Kärntner Landesregierung den Wunsch aus, die Kärntner Jugend möge die aus dem hier Gesehenen entstandene immunisierende Kraft gegen Extremismen und Radikalismen jeglicher Art zu Hause weitergeben.
„Dieser Ort sei allezeit ein Aufschrei der Verzweiflung und Mahnung an die Menschheit. Hier ermordeten die Nazis anderthalb Millionen Männer, Frauen und Kinder. Die meisten waren Juden aus verschiedenen Ländern Europas – Auschwitz-Birkenau 1940-1045“
Mit diesem Ziel vor Augen reisten die Kärntner Schüler, begleitet von Vertretern der Landesregierung und zahlreichen Journalisten, in vier Bussen nach Polen. Nach der vierzehnstündigen Busreise gab es einen Empfang durch den österreichischen Vizekonsul in Krakau und ein gemeinsames Abendessen in der Poper-Synagoge. Darauf folgte als Einstimmung für den KZ-Besuch ein beeindruckendes Konzert mit jiddischen Liedern.
Dunkle Regenwolken begleiteten am folgenden Tag den Besuch in Auschwitz. Die Führung durch das Konzentrationslager gestaltete sich zu einer bedrückenden Begegnung mit der Geschichte. Durch das Tor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“ führt der Weg durch die Häftlingsbaracken, in denen heute das Auschwitz-Museum untergebracht ist.
Dokumentationen über die Gaskammern und Krematorien erzeugen ebenso Schweigen und Betroffenheit unter den Jugendlichen wie die Berge von Menschenhaar, die leeren Giftgasdosen und die weißbeschrifteten Koffer mit den Habseligkeiten der Todgeweihten. An der Hinrichtungswand legten Schüler und Politiker gemeinsam einen Kranz nieder.
Weiter ging die Fahrt nach Auschwitz-Birkenau, wohin die SS-Gefangenen in Transportzügen gebracht wurden. An der Rampe von Birkenau wurden die Neuankömmlinge durch NS-Ärzte selektiert. Am Ende ihrer Reise betraten sie die als Duschräume getarnten Gaskammern. Mindestens 900.000 Juden, 70.000 Polen, 21.000 Zigeuner und 13.000 sowjetische Gefangene wurden im größten Vernichtungslager des Dritten Reiches ermordet.
An der Gedenkstätte in Birkenau mahnten Landeshauptmann Zernatto, LHStv. Dr. Michael Außerwinkler und LR Dr. Elisabeth Sickl wachsam zu sein und niemals die Grauen des Naziterrors zu vergessen. Gehaltvolle Texte, vorgetragen von Schülern, und Lieder, gesungen von Ali Gaggl, begleitet von Gugg Mallinger und Rudi Melcher, durchbrachen das Schweigen. Weiter ging es zwischen Stacheldrahtreihen, Gräben und Wachtürmen zu den Trümmerhäufen der gesprengten Krematorien, wo die Vergasten verbrannt wurden.
Wie durch ein Wunder konnte die heute 75jährige ehemalige KZ-Insassin Dagmar Ostermann aus Wien überleben. Begleitet von den Jugendlichen und den ORF-Report-Kameras führte Ostermann durch das Lager, das für sie den Charakter eines Friedhofes hat. Die Asche aus den Schloten der Krematorien sorgt heute für üppiges Grün zwischen den Barackenreihen, in denen die Gefangenen eng aneinandergepfercht waren. Bei einer abschließenden Diskussion im österreichischen Konsulat in Krakau zeigten sich die Kärntner Schüler erschüttert und teilweise tief gerührt über die mit eigenen Augen gesehenen Zeugnisse des Grauens.