11. Ausstellungssaison des Museums Liaunig lockt viele Freunde moderner Kunst nach Neuhaus

Über ein  großes Besucherinteresse freut man sich derzeit im Museum Liaunig, das am 20. Mai zusammen mit anderen großen Museen in Österreich wieder seine Tore geöffnet hat. 
Die von Dieter Bogner kuratierte Hauptausstellung „o. T.“ zeigt Geometrien, Systeme und Konzepte aus sieben Jahrzehnten. Zu sehen ist eine Auswahl von malerischen, plastischen, kinetischen, digitalen bzw. akustischen Werken österreichischer Künstlerinnen und Künstler aus den Jahren 1950 bis 2020. 
Bericht über die aktuellen Ausstellungen in der Kleinen Zeitung
Ein Besuch im Museum Liaunig am Pfingstsonntag

Hauptausstellung „o. T.“

(Presseinfo Museum Liaunig)
Die von Dieter Bogner kuratierte Hauptausstellung „o. T.“ zeigt Geometrien, Systeme und Konzepte aus sieben Jahrzehnten. Zu sehen ist eine Auswahl von malerischen, plastischen, kinetischen, digitalen bzw. akustischen Werken österreichischer Künstlerinnen und Künstler aus den Jahren 1950 bis 2020, die auf einem kompositorisch freien, gesetzmäßig strukturierten bzw. konzeptionell entwickelten Umgang mit elementaren Formen, klaren Farben und einfachen Gegenständen oder primären Materialien aufbauen.
Neben Werken aus der Sammlung Liaunig werden Leihgaben von Künstlerinnen und Künstlern, Museen und Privatsammlungen gezeigt, die einen umfassenden Einblick in die Vielzahl künstlerischer Konzepte im Bereich elementarer österreichischer Kunst gewähren, wie er bisher weder in der zeitlichen Dimension noch in derartiger medialer Vielfalt zu sehen war. 
Was die Sammlung Liaunig – und damit auch die Ausstellung „o. T.“ – auszeichnet, ist die Zahl großer Skulpturen und Objekte, die aus allen Perioden stammen. Die durch alle Jahrzehnte mögliche Kombination von zwei- und dreidimensionalen Kunstwerken ist für das Verständnis des Kunst-geschehens von den 1950er-Jahren bis in die Gegenwart von großer Bedeutung. Dazu trägt auch die punktuelle Integration von oftmals viel zu wenig Berücksichtigung findenden analogen, digitalen und akustischen Werken bei.
Den Auftakt der Ausstellung macht ein programmatischer Einführungsbereich, der die für die damalige Zeit überraschende multidisziplinäre Bandbreite der Wiener Kunstszene der 1950er-Jahre vor Augen führt. Der erste Blick beim Betreten des Ausstellungsraums fällt nicht auf eine Auswahl geometrischer Bilder. Zu sehen sind vielmehr zwei auf Basis numerischer Gesetzmäßigkeiten hergestellte minimalistische Experimentalfilme von Marc Adrian und Kurt Kren. Diese lassen die Radikalität erkennen, mit der in der Aufbruchszeit des ersten Nachkriegsjahrzehnts die Reduktion der formalen Mittel unter Einsatz numerischer Ordnungsprinzipien künstlerisch verhandelt wurde. Mitte der 1950er-Jahre wurde in der vielfach verschränkten Wiener Kunstszene in allen Bereichen der Kunst – Malerei, Skulptur, Film, Fotografie, Text-, Objekt- und Tonkunst – mit elementaren, strukturellen und systematischen Gestaltungsverfahren experimentiert. Das grenzüberschreitende Denken und Gestalten der mit elementaren Mitteln arbeitenden Kunstszene – und das ist die Botschaft des Einführungsbereichs – hat als ein impulsgebender, wirkungsgeschichtlich bedeutender Faktor für die nachkommenden Generationen zu gelten.
Im Nordtrakt des Museums sind Werke ausgestellt, deren präzise formale und farbige Gestaltung auf im Voraus bestimmten Gesetzmäßigkeiten aufbaut, und solche, bei denen eine konzeptuelle Idee durch aussagekräftige Materialkombinationen veranschaulicht wird. Im Südtrakt liegt der Schwerpunkt weniger auf einem regelhaft geordneten als vielmehr auf einem prozesshaften Umgang mit Formen und Farben, der aber ab den 1980er-Jahren mehr und mehr mit konzeptionellen Fragestellungen verknüpft wird. Würde man – gedanklich – die Enden der beiden Trakte verschränken, ergäbe dies ein weit gespanntes Panorama zeitgenössischer elementarer und konzeptioneller Kunstformen.
Wie eine kleine „Sonderschau“ präsentiert der dritte Raumbereich, das Grafikkabinett, eine konzentrierte Auswahl unterschiedlichster Phänomene textbasierter Gestaltungen, die die Bedeutung erkennen lassen, die bild-sprachlichen Kunstwerken von den 1950er-Jahren bis in die Gegenwart in der österreichischen Kunst zukommt.
Die Gliederung in drei von einem zentralen Einführungsraum ausgehende Bereiche ergibt sich aus der architektonischen Struktur des Gebäudes. Unschärfen und Überschneidungen zwischen den drei Bereichen werden bewusst in Kauf genommen, ja, sie sind sogar Teil des Konzepts.
Zweifellos gibt es viele andere Möglichkeiten, die ausgewählten Werke in den Ausstellungsräumen anzuordnen. Deshalb bietet der die Ausstellung begleitende Katalog in Form eines Ausschneidebogens die Möglichkeit, ein individuelles Ausstellungskonzept zu entwickeln, das Ergebnis an das Museum Liaunig zu schicken und dadurch einen fruchtbaren Diskurs zu initiieren.
Im Katalog werden die Kunstwerke konsequent nach ihrem Entstehungsjahr abgebildet. Dadurch ergibt sich ein zufälliges Neben- und Nacheinander unterschiedlicher Künstlergenerationen und künstlerischer Entwicklungsstränge, aber auch von Techniken und Medien. Die daraus resultierenden Kombinationen bieten manche Überraschung und fordern zu einer präzisen analytischen Betrachtung und Interpretation der einzelnen Werke heraus.
Dieter Bogner im zur Ausstellung publizierten Katalog: Die Verwendung des Kürzels „o. T.“ als Titel für eine Ausstellung bedarf einer Begründung. Es handelt sich um eine gängige Bezeichnung für Kunstwerke moderner und zeitgenössischer Kunst, die dann Verwendung findet, wenn Künstlerinnen und Künstler einem Werk keinen Titel geben wollen. Die Aufmerksamkeit der Betrachterinnen und Betrachter soll sich unvermittelt auf das Werk richten. Diese Aufforderung zu einer Werkbetrachtung, die durch keinen Orientierungshinweis beeinflusst wird, ist einer der Gründe für die Verwendung des Titels „o. T.“. Der zweite Anlass für diese Entscheidung liegt in der Schwierigkeit, aus der Vielzahl von Begriffen, die seit nahezu hundert Jahren für Phänomene elementaren Gestaltens in Gebrauch waren – und zum Teil noch heute sind –, eine begründbare Entscheidung für eine auf die Gesamtheit der in der Ausstellung gezeigten Werke gültige „Dachmarke“ zu treffen.
Die groß angelegte Schau mit dem Titel „o. T.“, der impulsgebend für eine gesamtheitliche Neubetrachtung von sieben Jahrzehnten elementarer und konzeptueller Kunst in Österreich sein soll, präsentiert 147 Arbeiten von 76 Künstlerinnen und Künstlern. Gezeigt werden Werke von Marc Adrian, Josef Bauer, Hans Bischoffshausen, Anna-Maria Bogner, Hellmut Bruch, Friedrich Cerha, Waltraut Cooper, Josef Dabernig, Inge Dick, Heinrich Dunst, Manfred Erjautz, Wolfgang Ernst, Gottfried Fabian, Hans Florey, Gerhard Frömel, Johann Fruhmann, Heinz Gappmayr, Jakob Gasteiger, Tibor Gáyor, Roland Goeschl, Dorothee Golz, GRAF+ZYX, Hans Grosch, Karl Hikade, Kurt Ingerl, H+H Joos, Gerhard Kaiser, Walter Kaitna, Thomas Kaminsky, Michael Kienzer, Edgar Knoop, Peter Kogler, Willi Kopf, Kurt Kren, Eric Kressnig, Richard Kriesche, Hans Kupelwieser, Maria Lassnig, Bernhard Leitner, František Lesák, Helmut Mark, Dóra Maurer, János Megyik, Josef Mikl, Melitta Moschik, Gerhardt Moswitzer, Walter Obholzer, Hermann J. Painitz, Florentina Pakosta, Fritz Panzer, Ferdinand Penker, Hubert Pfaffenbichler, Helga Philipp, Franz Pichler, Josef Pillhofer, Markus Prachensky, Karl Prantl, Oskar Putz, Arnulf Rainer, Gerwald Rockenschaub, Georg Salner, Peter Sandbichler, Eva Schlegel, Günther Selichar, Rudi Stanzel, Oswald Stimm, Esther Stocker, Erwin Thorn, Jorrit Tornquist, Markus Wilfling, Fritz Wotruba, Heimo Zobernig und Leo Zogmayer
Blick ins Skulpturendepot.
Dort stehen ab Ende Juni Werke des deutschen Stahlbildhauers Robert Schad (*1953) im Mittelpunkt, der die Ausstellung >CAROUSSEL< für den runden Raum konzipiert hat.
Bei schönem Wetter lädt der weitläufige Skulpturenpark zu einem Spaziergang ein. Die generationenübergreifende Aufstellung unter freiem Himmel wird 2020 um Arbeiten von Fritz Wotruba (1907–1975), Gunter Damisch (1958–2016) und Peter Kogler (*1959) ergänzt.
Der Skulpturenpark bietet Kunst und Natur mit herrlichen Ausblicken auf Neuhaus
… und die umliegende Landschaft
Die Skulpturen und die Parklandschaft bilden eine Einheit
Als Kontrastprogramm zur zeitgenössischen Kunst verstehen sich die historischen Sammlungen: 2020 wird in den drei unterirdisch gelegenen Ausstellungsbereichen neben europäischen Silber-Exponaten von 1490 bis 1830 und der afrikanischen Schau „Das Gold der Akan“ der zweite Teil der Miniaturen-Sammlung präsentiert. Zu sehen sind Portraitminiaturen von der Spätrenaissance bis zum Biedermeier.
Afrikanische Kunst
Blick ins Foyer des Museums

Sonderausstellung 
„Alte Freunde: Martha Jungwirth“

Das Museum Liaunig widmet Martha Jungwirth anlässlich ihres 80. Geburtstages eine Personale im Rahmen der Serie „Alte Freunde“. Herbert Liaunig ist der 1940 in Wien geborenen Künstlerin seit langer Zeit als Freund und Sammler zugetan und so finden sich in seiner Sammlung Arbeiten aus allen Werkgruppen und Schaffensphasen, die – ergänzt durch Leihgaben der Künstlerin und aus Privatbesitz – einen repräsentativen Einblick in ihr umfangreiches Œuvre geben.
Die von Peter Liaunig zusammengestellte Ausstellung präsentiert Zeichnungen, Aquarelle und Ölgemälde aus über 5 Jahrzehnten: Beginnend mit frühen Selbstporträts (1965/66) sowie Arbeiten aus den Werkblöcken „Aus meiner schwarzen Küche“ und „Indesit“ aus der ersten Hälfte der 1970er-Jahren, in denen sich Martha Jungwirth mit Alltagsgegenständen und elektrischen Haushaltsgeräten beschäftigt, führt die Ausstellung zu ihren charakteristischen  großformatigen Aquarellen, etwa der von Oskar Kokoschka inspirierten Serie „Die Windsbraut“ aus den 1980er-Jahren oder dem Werkblock „Spittelauer Lände“, der 1993 in einem Atelier mit Blick auf den namensgebenden Straßenzug am Wiener Donaukanal entstanden ist. Daneben werden jüngere Ölbilder gezeigt, wie der auf Richard Gerstl bezogene Zyklus „Beschäftigung mit den Schwestern Fey“ aus dem Jahr 2017 oder eine Arbeit aus der Serie „Istanbul“, in der sich Jungwirth mit den politischen Aufständen in der Türkei 2016 befasst hat.  Neben der Auseinandersetzung mit soziokulturellen und politischen Geschehnissen, aber auch mythologischen und kunsthistorischen Impulsen, dienen der Künstlerin ausgedehnte Reisen als wichtige Inspirationsquellen, wovon zahlreiche Landschaftsaquarelle in der Ausstellung zeugen. 
Hans-Peter Wipplinger führt in dem die Ausstellung begleitenden Katalog aus: „Martha Jungwirths charakteristische Kompositionen, die elegant auf dem schmalen Grat zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion bzw. zwischen Imagination und Realität balancieren und sich durch ihren gestischen Duktus wie durch ihr kraftvolles Kolorit auszeichnen, sind poetische wie dramatische Notationen von Erfahrungen, Empfindungen und Erinnerungen. Sie vermitteln ein tieferes Bewusstsein der Unermesslichkeit von Wirklichkeit. Ihre Malerei ist aber auch ein starkes Plädoyer für die Wahrnehmung der Stofflichkeit und Sinnlichkeit von Farbe sowie für das Ungewisse des malerischen Prozesses. Das Abenteuer der Malerei mit all ihren Transzendentalien wird bei Jungwirth zum Ereignis, welches oftmals ein sprachloses Erstaunen auslöst.“
Sonderausstellung „Alte Freunde: Martha Jungwirth“
20. Mai bis 15. August 2020 ∙ Mi bis So von 10 bis 18 Uhr
Museum Liaunig ∙ 9155 Neuhaus/Suha 41 ∙ +43 4356 211 15
office@museumliaunig.at ∙  www.museumliaunig.at
Museum Liaunig
20. Mai bis 31. Oktober 2020
Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr
9155 Neuhaus/Suha 41 ∙ +43 4356 211 15
office@museumliaunig.at ∙  www.museumliaunig.at