LANZLHOF BEI NEUHAUS : „Wir wollen unseren Schweinen in die Augen sehen können“
Kleine Zeitung Bericht von Thomas Martinz,
REPORTAGE. Nach Kritik an Schweinehaltung in Kärnten: Der Lanzlhof bei Neuhaus ist ein Beispiel für Tierwohl. Dort sind die Tiere auf Heu und Stroh gebettet und dürfen ins Freie.
Foto: Die Jungbauern Katrin Parz und Michael Skuk mit Altbäuerin Ida Skuk (© Kleine Zeitung, Markus Traussnig)
Am Lanzlhof bei Neuhaus haben die Schweine stets die Möglichkeit, ins Freie zu gehen – im Sommer schützt sie ein Sonnensegel
Schließt der Besucher die Augen, fühlt er sich in den Ruhebereich einer Wellness-Oase versetzt, wo die Stille höchstens vom leisen Schnarchen einer schlafenden Person unterbrochen wird. – Besuch bei rund 50 Ferkel in einem Schweinestall am Lanzlhof in Leifling bei Neuhaus im Bezirk Völkermarkt. Die Tiere wirken tiefenentspannt. Kein Schreien, kein Stampfen, nur leises, glückliches Grunzen. Und der oft so penetrante Stallgeruch wird überlagert von einer Duftmischung aus Heu und Stroh. Zur perfekten Idylle fehlt nur, dass das „Ja-Natürlich“-Schweinderl um die Ecke biegt und zu sprechen beginnt.
40 Jahre lang haben Ida und Johann Skuk den Hof bewirtschaftet, in den 1990-ern stellten sie von Milchwirtschaft auf Schweinemast um. Betriebsführer ist seit einem Jahr Sohn Michael (23), der den Laden mit Lebensgefährtin Katrin Parz (23) unter Mithilfe der Altbauern schupft. Michael und Katrin studieren noch Agrarwissenschaft in Wien.
Die Produkte vom Lanzlhof, die ab Hof und bei Ilgenfritz verkauft werden, sind mit diversen Gold- , Silber- und Bronze-Prämien versehen. Und die glücklichen Schweine verhalfen dem Betrieb im Vorjahr zum Tierschutzpreis des Landes. Um das AMA-Gütesiegel haben die Jungbauern erst kürzlich angesucht.
AMA-prämiert waren andere Betriebe, die jüngst in die Schlagzeilen gerieten: Stichwort Vollspaltenböden. Verboten sind sie nicht, vielmehr bequem für die Bauern. Kot und Urin rinnen ab, das Ammoniak brennt jedoch in den Augen der Schweine. Blutige Schwanzstummel, Eiterabszesse komplettierten ein Bild, das der Konsument so gar nicht in Verbindung mit seinem geliebten Schnitzel sehen will.
Schweinemast in Kärnten
112.600 Schweine gibt es in Kärnten – laut einer Erhebung der Statistik Austria aus dem Jahr 2020. Wie sie gehalten werden, wird erst im Juni 2022 veröffentlicht. 2010 lebten 40 Prozent auf Vollspaltböden und 34 Prozent auf Halbspaltböden.
Am Lanzlhof werden die Schweine gestreichelt und besungen, die Tiere sind auf Heu und Stroh gebettet; hier gibt es keine Vollspaltenböden. „Wir müssen auch keine Schwänze kupieren. Das ist nur vonnöten, wenn Schweinen langweilig ist und sie sich mit den Schwänzen anderer Tiere beschäftigen wollen“, erzählt Michael Skuk. Medikamente benötige man nicht. Im Stall sind pro Schwein 1,5 statt der vorgeschriebenen 0,7 Quadratmetern Fläche vorgesehen. Die Fenster sind das ganze Jahr geöffnet und die Tiere können mit der Schnauze Türchen aufstoßen, um ins Freie zu gelangen – das tun sie selbst bei Regen und Schnee. Die dunklen Duroc-Schweine – ihr Fleisch gilt als besonders saftig – dürfen auf die Wiese, den hellen Schweinen steht ein Sonnensegel zur Verfügung – Sonnenbrandgefahr!
Auf Heu und Stroh gebettet
Im Kaltstall „Bigport 3“, der nach Süden ausgerichtet ist, hat es im Winter 15 Grad, wenn es draußen minus zehn Grad kalt ist. „Wir sind ein geschlossener Betrieb, kaufen kein Ferkel zu. Daher ist unser Bestand konstant bei 130 Tieren“, sagt Skuk. Ein Schlachtraum wird errichtet, von der Geburt bis zur Schlachtung – alles vor Ort.
Aber warum Heu und Stroh? Warum freilaufende Schweine, die sich mehr bewegen und zwei Monate länger brauchen, um auf ihr „Schlachtgewicht“ zu kommen? Und warum stellt man sich in der Früh und am Abend jeweils zwei Stunden in den Stall, wenn’s einfacher auch geht und legal ist? „Wir wollen den Schweinen in die Augen schauen können“, sagt Katrin. „Tierwohl geht über alles“, ergänzt Altbäuerin Skuk. „Die Kunden können uns am Hof oder bei Facebook besuchen. Sie sehen, wie es den Tieren geht und sind bereit, mehr für das Fleisch zu bezahlen. Was sie dann zubereiten, zergeht auf der Zunge“, weiß Michael.
Wer Schweinefleisch beim Diskonter kaufe, könne davon ausgehen, dass die Tiere nie Tageslicht sehen und zusammengepfercht auf engstem Raum leben würden. Apropos: Leben kann vom Hof nur eine Person, der Altbauer ist Schichtarbeiter, von den Jungen wird einer abseits des Betriebsvollzeit arbeiten müssen. Dennoch sagen sie: „Unser Hof hat Zukunft, weil der Kunde das Tierwohl schmeckt.“